Der Reiz der Terra Incognita



Grundannahmen über Entdecker und Entdecken

Gliederung

Kosmos, Universum und Vorstellungswelt- Die Theorie der Welt des NTD® als Grundlage für das Verstehen der Praxis des Entdeckens

„Es scheint ein Wesensmerkmal der Menschen als Gattung - und wohl auch sehr vieler ihrer Exemplare - zu sein, daß sie sich mit dem erkundeten Teil der Welt, den Grenzen von Wahrnehmen sowie den Teilen der Welt, die sie in ihrem Handeln bislang erreichen konnten, nicht abfinden können. Die terra incognita des Universums zieht sie - aus welchen Motiven auch immer - an. Sobald etwas als Geheimnis in der Umwelt der Menschen auftaucht, beginnt die Suche nach dem Bezeichneten und seiner Ordnung.“ (Giesecke, Lexikon Triprax, Vorstellungswelt)

Weltkarte mit Terra Inkognita

Wenn man Entdecken als eine Form der Praxis auffasst, so gelten für diese wie auch für alle anderen Formen menschlicher Praxis die Grundannahmen und Modelle der Triadischen Praxis über die Welt der Menschen.

"Welt =
ein Wort, welches ein mannigfaltiges Phänomen in der üblichen Vagheit unserer Umgangssprache bezeichnet. Nach triadischem Verständnis ist die Welt das emergente Produkt der elementaren Komponenten Universum, Kosmos und Vorstellungswelt. Diese Differenzierung ermöglicht präzisere Aussagen über die Welt und stellt den Anschluß an das Praxismodell und die die Triade der Praktiken her.“ (Giesecke, Lexikon des NTD und Triprax 2022)

Zur Illustration dieser drei Parameter der Welt, die auf einem hoch abstrakten Niveau liegen, eignet sich am besten die Zusammenstellung ihrer jeweiligen Merkmale in den Clustern der Triade, die die folgende Abbildung zeigt.
Ich zitiere zunächst die Definitionen und Begriffsklärungen aus Michel Gieseckes Lexikon des NTD® und der TriPrax und nutze diese Unterscheidungen zur Erläuterung der Natur des Entdeckens und seiner verschiedenen Formen. Sie können mit dem Lesen der Ausschnitte aus den Lexikonartikeln beginnen und die Links zu den ausführlicheren Texten des Lexikons nutzen, oder Sie lesen zuerst den zweiten Teil mit Beispielen und Erläuterungen zur Natur des Entdeckens und nutzen parallel dazu die Abbildung der Cluster.

Weltcluster

Abbildung Weltcluster aus dem Lexikon des NTD® und der TriPrax - Definitionen und Begriffsklärungen, Lexikonartikel Welt. Giesecke August 2022

"Kosmos =
Er ist derjenige Teil der Welt, der von den Menschen in seinen vielfältigen Existenzformen in der Praxis erkundet und beeinflußt werden kann. Er ist die Umwelt aller Praxis.
Alles, was der menschlichen Praxis zugänglich war, ist und sein kann, erzeugt den menschlichen Kosmos.(…)
Der Kosmos ist - im Gegensatz zum Universum - auf allen Parametern endlich. Im Prinzip kann man seine Architektur mitsamt der Elemente und Beziehungen beschreiben. Für das NTD sind die Parameter des Kosmos: Zeit, Raum, Dinge konstitutiv. Man kann seine Zeiten ausmessen. Die Qualitäten der Dinge lassen sich bestimmen und transformieren.
In diesem Sinne hat Alexander von Humboldt die von ihm beobachtete, bereiste und beschriebene Welt Kosmos genannt."

Karte  Entdeckungen

Die vollständig entdeckte Erde, unser Kosmos - Mosaik am Denkmal der Entdeckungen in Belem, Lissabon

Link zum Stichwort Kosmos im Lexikon: Kosmos

"Universum =
bezeichnet meist - unter Rückgriff auf die lateinische Wurzel universus/gesamt - die Gesamtheit aller Dinge in Raum und Zeit. Im NTD wird die Bedeutung auf die unbekannte Welt, die überall (universell) und unabhängig von jeder menschlichen - und auch jeder triadischen - Praxis existiert, eingeschränkt. Das Universum ist ein Faktor der Triade der Welt(anschauung) neben dem Kosmos und der Vorstellungswelt, die beide durch Praktiken - in unterschiedlichem Umfang - erkundet werden können. (...)
Über diese Komponente der Welt, die nicht in die Praxis der Menschen einbezogen sind, zu denen die Menschen (noch) keine Beziehung aufgebaut haben oder deren Erkenntnis verloren gegangen ist, können keine Aussagen gemacht werden. Das Universum bleibt den Menschen Geheimnis. Wir wissen nicht, ob die Zeit dort still steht oder sich von Ewigkeit zu Ewigkeit hinzieht. Wir können seinen Raum nicht ausmessen, nicht zu seinen Grenzen gehen, wenn es solche denn überhaupt hat. Wir können seine Masse und Energie nicht bestimmen."

Himmelsstürmer.png

Wanderer zwischen den Welten oder Wanderer am Weltenrand - Holzschnitt eines unbekannten Künstlers in Camille Flammarions Buch "L’atmosphère. Météorologie populaire" 1888 erstmals abgedruckt. Er versucht die Sphäre der Erde zu durchbrechen, in unserer Terminologie den Kosmos zu verlassen und ins Universum vorzustoßen.

„Das Studium jeglicher neuen Wissenschaft, besonders einer solchen, welche die unangemessenen Schöpfungskreise, den ganzen Weltraum umfasst, gleicht einer Reise in ferne Länder.“ Alexander von Humboldt, Kosmos, Bd. 1 1885(in 2009,S.111)

Sobald Annahmen über das Universum gemacht werden, findet ein Übergang des Universums in die Vorstellungswelt statt. Sobald Komponenten des Universums wahrgenommen und durch Praxis erkundet werden, findet ein Übergang in den Kosmos statt. Das passiert beständig, ändert aber nichts an der unaufhebbaren Existenz des unendlichen Universums. (...)
Der übliche Lösungsweg in den neuzeitlichen Kulturen ist es, die Grenzen des Kosmos auszuweiten, die unbekannten Teile des Universums zu entdecken. Jede Ausweitung der Grenzen des Kosmos und der Vorstellungswelt löst das grundsätzliche Problem jedoch nicht, sondern sie bedeutet lediglich eine quantitative Verschiebung von Grenzen - die freilich wertvoll sein kann."

„Das Gebiet der Forschung (über die Unendlichkeit des Weltraums) erweitert sich nur mit der Vervollkommnung der Instrumente. Wir werden befähigt, die Sonde immer tiefer in die Tiefen des Weltraums zu werfen, und die Wissenschaft gelangt zu fortschreitenden Resultaten. Aber unseren Vorstellungen ist allerdings angemessener, in diesem Fortschritt eine Unendlichkeit als eine Begrenzung anzunehmen; und da wir einmal nach menschlichen Köpfen philosophieren, so bleiben wir dabei.“ Alexander von Humboldt 1852 (2009, Seite 116)

Link zum Stichwort Universum im Lexikon Universum

"Vorstellungswelt =
Die Vorstellungswelt ist die in der menschlichen Praxis kognitiv oder genauer: imaginativ zu erreichenden Welt. Die Vorstellungswelt existiert also zunächst nur im Denkraum, ist das Produkt einzelner der vielen Facetten der Praktik 'Denken'. Das Individuum kann sie nicht mit den (äußeren) Sinnen wahrnehmen und kann sie auch nur durch das Denken und nicht durch Handeln verändern. Im Nachhinein kann die Vorstellungswelt der Individuen aber durch Zeichen materialisiert werden. Sie wird dann intersubjektiv verfügbar und kann zu einer sozialen Vorstellungswelt und auch zu einer Komponente der Kultur werden.
Die Menschen können das Universum zwar nicht wahrnehmen und behandeln, aber sie können darüber nachdenken, sich eine Vorstellung darüber machen und an diese glauben. Die Annahmen in der V. sind, weil sie sich nicht durch Wahrnehmungen falsifizieren und durch Handeln überprüfen lassen, kein Wissen. Sie können ungereimt, unlogisch usf. sein und entsprechend kritisiert werden.
Hyperlink zu Merkmale der drei Parameter der Welt."

Link zum Stichwort Vorstellungswelt im Lexikon Vorstellungswelt

Was bedeutet die Unterscheidung zwischen den Faktoren der Welt - Universum, Kosmos und Vorstellungswelt für das Entdecken?

Ist das Ziel der Entdecker die Ausweitung des Bereichs, den die Menschen bereits wahrgenommen, erkannt und erkundet haben, zum Beispiel bereist oder wissenschaftlich erforscht haben, dann handelt es sich um die Ausweitung des Kosmos. Dass man den Kosmos ausweiten kann, setzt voraus, dass etwas jenseits des Bekannten existiert, und das ist das grenzenlose unbekannte Universum. Das Universum ist nicht fassbar, nur die Produkte des Nachdenkens über das Universum in seiner Vorstellungswelt sind den Menschen zugänglich. Entdecker, die sich für das unbekannte Universum interessieren, können sich zunächst nur in ihrer Vorstellungswelt bewegen.

Während des gesamten Entdeckungsprozesses mit seinen verschiedenen Phasen wechseln die Prämierungen beständig. So kann man in der Vorstellungswelt beginnen, dann real im Kosmos in existierende Dinge untersuchen oder umgekehrt. Alle von mir untersuchten Entdeckungen wechselten zwischen der Imagination in der Vorstellungswelt und dem Ausgehen von im Kosmos vorhandenen Dingen. Auffällig ist jedoch, dass in der Vorphase der Entdeckung meist eine Zugangsweise vorherrscht.

Einige Beispiele für Entdeckungen, die in der Vorstellungswelt des Entdeckers begannen:

Wie bei vielen anderen Entdeckern auch beginnt bei Heinrich Schliemann die Entdeckung von Troja in der Vorstellungswelt, angeregt durch früh in der Kindheit liegende Begegnungen mit Büchern oder Artefakten. Zu seinem 5. Geburtstag bekommt er von seinem Vater ein Buch über Troja geschenkt, ist fasziniert von der Geschichte des verschollenen Ortes und beschließt Troja auszugraben.

Alexander von Humboldt schreibt “Was so durch kindliche Eindrücke, was durch Zufälligkeiten der Lebensverhältnisse in uns erweckt wird, nimmt später eine ernstere Richtung an, wird oft ein Motiv wissenschaftlicher Arbeiten, weiterführender Unternehmungen.“ (2009, S. 13). Daniel Kehlmann lässt in seinem halb fiktionalen halb auf Daten beruhenden Roman “Die Vermessung der Welt“ seinen Bruder Wilhelm sagen: “Ob er sich noch an den Abend erinnere, fragte der Ältere schließlich, als sie die Geschichte von Aguirre gelesen hätten und er beschlossen habe, zum Orinoco zu ziehen?“ (S.263). Die meisten werden den eindrücklichen Film von Werner Herzog “Aguirre, der Zorn Gottes“ mit dem Schauspieler Klaus Kinski kennen, dessen Handlung auf der Lebensgeschichte des Abenteurers Lope de Aguirre und einer Amazonasexpedition, die im Jahr 1560 aufbrach, um Eldorado zu finden, beruht.

Thomas Bührke bestätigt in seinem Buch „Genial gescheitert – Schicksale großer Entdecker und Erfinder“ diese Annahme: “Der entscheidende Gedanke, der das Leben der hier vorgestellten Persönlichkeiten bestimmte, setzte sich schon früh in deren Köpfen fest. Lilienthal ließ sich vom eleganten Flug der Störche verzaubern, Wegener wurde beim Blick in einen Atlas stutzig (Alfred Wegener entwickelte die Theorie der Kontinentalverschiebung, KRG), und Babbage störte sich an dem stupiden und fehlerhaften ausrechnen mittels Logarithmentafeln“. (Charles Babbage versuchte vergeblich am Beginn des 19. Jahrhunderts, den ersten mechanischen Computer zu bauen, KRG) (Bührke, 2012, S.10)

Heinrich Schliemann verdiente sein Geld als Kaufmann und verfolgte sein Ziel weiter, er las Homer und bewertete dessen Beschreibung Trojas und seiner Zerstörung als Darstellung der Realität, was eine radikal neue Sichtweise war, die mit der bisherigen Vorstellung, es handele sich um eine Legende, brach. Er konstruierte in seiner Vorstellungswelt auf der Basis der Beschreibungen Homers, wo Troja etwa gelegen und wie es damals ausgesehen und sich jetzt vermutlich darstellen würde. Er beginnt im Nordwesten der Türkei nach Orten zu suchen, die die entsprechende Topographie und Gestalt aufweisen. Und wie wir alle wissen, hat er es tatsächlich gefunden und ausgegraben.

Entdeckungen können ihren Anfang auch in der Untersuchung und Beschäftigung mit dem Bekannten, mit dem Kosmos beginnen.

Ein Beispiel dafür ist der Göttinger Nobelpreisträger Stefan Hell, ein Physiker: “ Und die Optik, mit der ich mich beschäftigte, war im Grunde Physik des 19. Jahrhunderts, da war eigentlich schon alles abgegrast – dachte man zumindest. Und weil ich ein bisschen frustriert war und instinktiv nach Grundlegendem Ausschau gehalten habe, ging mir durch den Kopf, vielleicht kann man ja die Beugungsgrenze knacken. (…) Ich war fasziniert von der Idee, einer alten physikalischen Frage auf den Grund zu gehen, von der man dachte, man kenne die endgültige Antwort. Schon als Schüler wollte ich immer wissen, wo bei einer Sache der Knackpunkt liegt.“ (Zitate aus dem Interview: Tricksereien an der optischen Grenze). Er stößt das 120 Jahre lang geltende Gesetz des Physikers Ernst Abbe um, indem er das physikalische Problem der Beugungsgrenze von Licht in ein molekulares, also chemisches überführt.

Kolumbus, der westlichen Seeweg nach Indien finden wollte, studierte Karten und Schriften über Seewege, die damals existierten. Er segelte zu den Kanaren und zu den Azoren und beobachtete Strömungen und Winde in verschiedenen Jahreszeiten. Er interessierte sich für Treibgut, darunter auch den Körper eines fremd aussehenden Toten auf den Azoren, die wie wir heute wissen, von den westlichen Passatwinden dorthin getrieben wurden. Aus all den Beobachtungen zog er Schlüsse über Strömung und Winde, die ihn nach Westen bringen konnten, während alle bisher bekannten Routen von Nord nach Süd der Küste von Afrika folgten.

Wechsel zwischen Untersuchung des Kosmos und der Vorstellungswelt

Alexander von Humboldt, der aus adligen und begüterten Verhältnissen stammt, sollte eine Karriere im Staatsdienst machen. Er studiert Finanz-, Wirtschafts- und Verwaltungskunde und beginnt nebenher sich mit Botanik zu beschäftigen: “Der Wunsch, entfernte Weltteile zu besuchen und die Produkte der Tropenwelt in ihrer Heimat zu sehen, ward erst in mir rege, als ich anfing, mich mit Botanik zu beschäftigen.“ (2010, S.18) Er lernt den damals bekannten Botaniker Willdenow kennen und sieht bei ihm zum ersten Mal exotische Pflanzen. Er beschließt Willdenow bei einer geplanten Expedition zu begleiten: “Ihn zu begleiten, war der Wunsch, der mich tags und nachts beschäftigte. Ich durchlief alle Floren beider Indien (Asien und Amerika), kaufte alle Rinden der Apotheken zusammen, verweilte mit unendlichem Wohlgefallen bei einem Reishalm in meinem Herbarium und gewöhnte mich, unbändige Wünsche nach weiten und unbekannten Dingen zu hegen“ (2010, S. 17-18).
Seine Beschäftigung mit der Botanik dient dem Ziel neue Nahrungsquellen zu finden: “Wie viele, unübersehbar viele Kräfte liegen in der Natur ungenutzt, deren Entwicklung tausenden von Menschen Nahrung oder Beschäftigung geben könnte. Viele Produkte, die wir von fernen Weltteilen haben, treten wir in unserem Land mit Füßen – bis nach vielen Jahrzehnten ein Zufall sie entdeckt, ein anderer die Entdeckung vergräbt oder, was seltener der Fall ist ausbreitet (…) Überall sehe ich den menschlichen Verstand in einerlei Irrtümern versenkt, überall glaubt er, die Wahrheit gefunden zu haben, und wähnt, dass ihm nichts zu verbessern, zu entdecken übrig bliebe.“ (2010, S 20-21). Hier geht es ihm um die Ausweitung des Kosmos, die Entdeckung bereits vorhandener Nahrungsquellen.

Humboldt wechselt immer wieder zwischen einer empirischen Untersuchung von Gegenständen des bekannten Kosmos und seiner Vorstellungswelt, in der er die ihm unbekannten Länder imaginiert:“ ich träumte mich bisweilen nach beiden Indien, aber die Möglichkeit einer solchen Reise wurde mir noch nicht klar.“ (2009, S. 9) Ein schönes Beispiel für die Kraft der Vorstellungswelt ist die folgende Passage: “Ich fühlte mich eingeengt, engbrüstig. Ein unbestimmtes Streben nach dem Fernen und Ungewissen, alles, was meine Fantasie stark rührte, die Gefahr des Meeres, der Wunsch, Abenteuer zu bestehen und aus einer alltäglichen gemeinen Natur mich in eine Wunderwelt zu versetzen, reizte mich damals an. (…) Ich lebte in einer Ideenwelt, die mich von der wirklichen abzog. Ich schrieb verrückte Briefe an meine Freunde und wurde mir von Tag zu Tag unverständlicher.“ (2009, S. 12-13).

Entdecker sind also nicht auf einen der beiden Typen festgelegt. So vermutete Schliemann den Schatz des Königs Priamos auf dem allgemein bekannten Hügel mit den Ruinen der Königsstadt Mykene, die noch nicht vollständig ausgegraben waren. Wieder studierte er antike Schriften, machte Ausgrabungen in den Resten des alten Mykene, versetzte sich dort in die antike Zeit und versuchte sich vorzustellen wie die Menschen gelebt hatten, welche Bedeutung z.B. welche Mauerreste gehabt haben könnten und begann an den Stellen zu graben, wo der Schatz des Königs liegen könnte und fand ihn auf diese Weise.

Ein Beispiel für weniger spektakuläre Entdeckungen, die mit der Untersuchung des Kosmos beginnen und die Kraft der Vorstellung nutzen, ist das folgende von einer unserer Reisen nach Afrika.


Von unserem Camp, an einem Ort in Namibia gelegen, wo die Savannen- und Wüstenlandschaft aneinander angrenzen, unternahmen wir Ausflüge zu Fuß in die Umgebung und betrieben naturwissenschaftliche Beobachtungen und Analysen. Wir hatten sehr alte Höhlenzeichnung von Menschen gesehen, die unsere Fantasie angeregten. Wir versuchten uns bei unseren Spaziergängen vorzustellen, wie die Menschen als Jäger und Sammler von den Vorzeiten bis in die Anfänge des letzten Jahrhunderts dort gelebt haben. Mit der Zeit entwickelte sich unser Geruchssinn, so dass wir die Tiere riechen konnten, unsere visuelle Wahrnehmung schärfte sich, wir fanden die Pfade der Tiere und auch der auditive Sinn verbesserte sich in dieser äußerst geräuscharmen Umgebung. Wir versuchten uns vorzustellen, nach welchen Kriterien die Menschen Lagerstätte ausgesucht haben könnten. Man musste von dort aus die Tiere beobachten können, den Rücken frei von Gefahren haben und einen sicheren und genügend großen Platz für das Lager einer Gruppe von Menschen haben, an dem man auch Feuer machen konnte. Wir scannten die Landschaft danach ab und fanden eine hoch genug über der Savanne in den Felsen liegende Höhle, von der man einen guten Überblick über die vorbeiziehenden Tiere hat. Wir setzten uns dorthin und stellten uns das Leben in der Höhle vor, wie die Menschen die Umgebung beobachtet, wie sie gekocht und wie sie geschlafen haben. Es war ein perfekter Ort und wir begannen zu graben, fanden vom Feuer geschwärzte Scherben, braune Steine, die zum Werkzeuggebrauch geeignet schienen und aus der Schale von Straußeneiern gefertigte kleine Perlen, freuten uns über die Entdeckung und schütteten alles wieder sorgfältig zu.

Höhlenzeichnungen
Höhle in der Namib

Savanne

tar_02, id109, letzte Änderung: 2023-01-10 10:35:37

© 2023 Prof. Dr. phil. habil. Kornelia Rappe-Giesecke