Erfolg und Scheitern



Wann sind Entdecker erfolgreich?

Erfüllt sich der individuelle Sinn, den der Entdecker verfolgt, nicht, so ist es für ihn selbst ein Scheitern. Wie wir an den Beispielen von Kolumbus und Gutenberg gesehen haben, kann die Entdeckung für die Gesellschaft einen enormen Erfolg und einen Fortschritt darstellen.
Kolumbus und Gutenberg gelang es nicht, ihr selbst gesetztes Ziel zu erreichen und auch nicht, die positive Bewertung ihrer Entdeckung durch die Gesellschaft zu übernehmen. Guttenberg starb, finanziell ruiniert und vereinsamt, seine Entdeckung wurde lange Jahre seinem Finanzier Johann Fust und seinem Drucker Schöffer zugeschrieben.
Das Land, das Kolumbus entdeckt hatte, wurde nach Amerigo Vespucci, einem Florentiner Adligen und Kaufmann, der ein paar Jahre nach Kolumbus dort anlandete und erkannte, dass es sich um einen neuen Kontinent handelt und dies in aller Welt als seine Entdeckung bekannt machte, benannt. Kolumbus geriet ob dieser revolutionären Erkenntnis des Italieners, die unbelastet davon war, den Weg nach Indien zu entdecken und ob dessen genialer Vermarktung der Entdeckung ferner Länder und Völker fast in Vergessenheit. Vespuccis Ziel war ein anderes als das von Kolumbus, er wollte lediglich das neue Land im Westen weiter entdecken und darin war er erfolgreich.

Vespucci Bericht über die Entdeckung des Rio de la Plata
Blatt aus seinem Brief mit dem Titel Mundus Novus an seinen Freund Lorenzo di Pierfrancesco de’ Medici (1504), einem Bericht über die Entdeckung der Völker in der Neuen Welt

„Sowenig Kolumbus die Westroute nach Indien entdeckte, also Bekanntes besser erreichbar machte, so wenig entdeckte Gutenberg einen Weg zur Vereinfachung handschriftlicher Informationsverarbeitung. Er schuf eine ganz andere, eben die typografische Informationstechnologie, die seitdem in einer Konkurrenz zur handschriftlichen steht.“ (Giesecke 2002, S. 114)

Auch Johann Friedrich Böttger (1682- 1719), als Apotheker ausgebildet und Anhänger der Alchimie, wollte den sogenannten ‚Stein der Weisen‘ finden, also eine Substanz, mit deren Hilfe sich aus anderen Metallen Gold und Silber machen ließ, erreichte dieses Ziel aber nicht. Er erfand stattdessen mehrere Arten des Porzellans, dessen Herstellung nur in China und nicht in Europa bekannt war, und den Prozess zu seiner Produktion sowie der dazugehörigen Technik. Kurfürst August der Starke, der sein Auftraggeber wurde, hatte ein starkes Interesse daran, aus Rohstoffen, die in seinem Land zur Verfügung standen, Gold machen zu lassen. Er scheute nicht davor zurück, Böttger jahrelang einzusperren und bewachen zu lassen, um das Verfahren geheim zu halten, unterstützte ihn andererseits mit finanziellen Mitteln und auch Mitarbeitern. Dem Verkauf des Porzellans war zunächst kein ökonomischer Erfolg beschieden, und der Kurfürst zwang Böttcher immer wieder nach dem Stein der Weisen zu suchen. Immerhin kam es soweit, dass eine Produktionsstätte auf der Albrechtsburg in Meißen eingerichtet wurde, die Böttcher leitete und die noch heute das berühmte Meißner Porzellan produziert. Er hatte die Porzellanherstellung noch einmal erfunden und Europas Abhängigkeit von chinesischen Importen beseitigt. Den Erfolg seiner Entdeckung erlebte Böttcher nicht mehr, er starb früh, krank und verarmt, aus der Begründung der Porzellanmanufaktur hatte er zu Lebzeiten keinen Gewinn ziehen können.

In seinem Buch „Genial gescheitert – Schicksale großer Entdecker und Erfinder“ schildert Thomas Bührke, ein Physiker und Wissenschaftsjournalist, die Schicksale weiterer Entdecker, die ihrer Entdeckung einen bestimmten Sinn gaben und daraus ein Ziel abgeleiteten, das sie nicht erreichen konnten.“ Sie waren ihrer Zeit weit voraus. Mit ihren Ideen bedrohten sie damalige Konventionen und forderten ihre Kollegen zu heftigen Diskussionen heraus. Die Gründe des Scheiterns sind vielfältig: heftiger Widerstand der damaligen Koryphäen, fehlender Weitblick der Politiker und Geldgeber oder fehlende technische Voraussetzung. Oft setzten sich ihre Ideen erst nach Jahrzehnten oder Jahrhunderten durch. Im Fall des antiken Astronomen Aristarch von Samos, der behauptete, die Sonne stehen im Zentrum des Universums und nicht die Erde, dauerte es zwei Jahrtausende.“ (Bührke 2012, S.7)

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Maximen für Entdecker

tar_07, id124, letzte Änderung: 2023-03-08 12:02:28

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