Die Persönlichkeit von Entdeckern



Die Persönlichkeit von Entdeckern

Die Komplexität des Menschen: Persönlichkeit, Praktiker und Teil der Welt

Unser triadisches Modell von Persönlichkeit unterscheidet sich von denen der Psychologie, die eine eindeutige Prämierung der Person und ihrer Biographie aufweisen. Die Triadische Anthropologie hingegen betrachtet die Person und ihre Biographie nur als einen Faktor, der die Komplexität des Menschen ausmacht, die anderen beiden Faktoren sind, dass er als Praktiker Teil der Praxis ist und drittens Teil der Welt. Für diese Untersuchung reicht es also nicht aus, sich lediglich mit seiner Persönlichkeit zu beschäftigen, sondern mit dem Zusammen-, Gegeneinander- und Nebeneinanderwirken von Persönlichkeit, dem Dasein als Praktiker und dem Dasein als Teil der Welt.

"Nach triadischem Verständnis emergiert der Mensch immer sowohl als Praktiker als auch als einzigartige Persönlichkeit und als lebendiger Teil der Welt, als Lebewesen.
Die triadische Anthropologie unterscheidet zwischen dem Menschen als Komponente der Welt (Gattungswesen, Menschheit), als Komponente der Praxis/Praktiker und als Persönlichkeit."
→ Lexikonartikel Mensch

Die folgende Triadentrias von Michael Giesecke zeigt auf einer weiteren logischen Ebene, aus welchen drei Faktoren sich die drei Hauptfaktoren zusammensetzen. So ist zum Beispiel für die Persönlichkeit die dynamische Dimension, d.h. die Biographie des Entdeckers relevant, in der strukturellen Dimensionen die Komposition aus Anteilen der Persönlichkeit und aus ihren relevanten Beziehungen und in der energetischen Dimension der Triebkräfte, Energien, die Anlagen, der Wille und das Wissen, die für diese Studie eine besondere Bedeutung.
Was ist eine Triadentrias?
→ Triadentrias

Relevant für die Untersuchung von Entdeckerkarrieren und Entdeckungspraxis ist der Faktor "Praktiker als Teil der Praxis". Entdecker sind Praktizierende, die die "drei Praktiken Wahrnehmen, Denken und Handeln" in ihrer Entdeckungspraxis beständig nutzen. Entdecker sind Teil, Element ihrer Entdeckungspraxis, z.B. in der Position des Subjekts, das mithilfe von Medien in Beziehung zum zu entdeckenden Objekt tritt. Entdecker agieren häufig in zwei Praxisklassen, allein in der individuellen Praxis, mit anderen gemeinsam in der sozialen Praxis, z.B. wenn sie sich Rat von Vertretern anderer Disziplinen holen, oder im Team arbeiten. Anders als in der individuellen Praxis sind die drei Hauptpraktiken in der sozialen Praxis: Kommunikation, Kooperation und Interaktion.
Mehr lesen
→ Lexikonartikel Praktiker

MenschenKomplexTT

Dies ist eine anspruchsvolle, weil knappe Zusammenfassung! Im Menüpunkt "Die Praxis des Entdeckens - Grundannahmen und Modelle" können Sie mehr zu unserer Theorie der Praxis und ihrer Anwendung auf die Entdeckungspraxis lesen.
Die Praxis des Entdeckens

Die differentielle Triadentrias der Persönlichkeit: Lebensweg, Triebkräfte und Komposition

Die folgende Triadentrias differenziert die Persönlichkeitstriade der Triadentrias des Menschen noch weiter aus. Um Entdeckerkarrieren zu verstehen und um Begrifflichkeiten zu haben, mit denen man sie beschreiben und miteinander vergleichen kann, ist diese Triadentrias bestens geeignet.

Persönlichkeit Triebkräfte TT

Wir unterscheiden drei Typen von Triebkräften:

Die im Individuum liegenden Triebkräfte wie Talente, Veranlagung und subjektiver Wille treffen auf soziale und kulturelle Triebkräfte, die die Möglichkeiten der Entdecker befördern oder behindern können. Eine auf das Individuum beschränkte Analyse seiner Triebkräfte erscheint hier nicht ausreichend.

Soziale Triebkräfte können historische Chancen sein, die aus der Gesellschaft erwachsen, in der der Entdecker lebt, z.B. der Wunsch nach Möglichkeiten zur elektrischen Übertagung von Sprache über weite Distanzen, oder aber vorhandenes Wissen, auf dem Entdecker aufbauen können, um den nächsten Schritt zur Erforschung eines Phänomens tun zu können. Und es sind Kräfte, die aus dem näheren Umfeld des Entdeckers, der Familie, der Organisation oder Profession, in der er arbeitet, entstehen.

Kulturelle Triebkräfte sind zum Beispiel vorhandene materielle Ressourcen, die es ermöglichen eine Entdeckung zu machen. Neue Techniken und Technische Geräte, deren Entwicklung in der Pionierphase steckt und weiterer Erfindungen und Entdeckungen bedarf. So waren die an mehreren Orten der Welt und von mehreren Entdeckern geschaffenen Vorformen unserer heutigen Computer Anlass für weitere Erfindungen, die die Hardware und Software dieser Geräte immer weiter optimierten.

Der Faktor Triebkräfte beschäftigt sich mit der energetischen Dimension der Entdeckerpersönlichkeit. Da er sehr relevant ist, um die Karrieren von Entdeckern zu verstehen, gibt es einen eigenen Menüpunkt
Triebkräfte

Zur Triadentrias und den zwei weiteren Faktoren Lebensweg und Komposition. Um den Lebensweg der Entdecker zu verstehen, ist die Unterscheidung zwischen ihrem professionellen Werdegang und ihrer Laufbahn wichtig. In welcher Weise die Bildung und Reifung der Person des Entdeckers für die Karriere eine Rolle spielt, untersucht man mit der dritten Kategorie. In den Fallanalysen von Entdeckerkarrieren werden die drei Faktoren der Triade als Kategorien bei der Analyse des Datenmaterials genutzt.

Zur Komposition der Persönlichkeit aus Facetten, Beziehungen und Ebenen:
Das Modell, das zur Analyse von Facetten genutzt wird, ist die Triade: Person, Profession und Funktion, die ich für die Beratung berufstätiger Menschen entwickelt habe. Es ist eine strukturelle Triade, die dynamische Variante ist die Karrieretriade. Sie ist geeigneter als psychologische Modelle, da es hier um Praktiker, um berufstätige Menschen geht.

Die Ebenen, die für diese Untersuchung relevant sind, sind die des Entdeckers als kulturellem Wesen, also Angehörigem der Gattung Mensch, auf den die von den Menschen geschaffene Kultur einwirkt, wie oben im Beispiel für glückliche und unglückliche Karriereverläufe beschrieben. Diese Ebene muss man von der des sozialen Wesens, also des Entdeckers als Teil von Organisationen oder Gemeinschaften und der des Individuums mit einer einzigartigen Persönlichkeit unterscheiden.

Die Unterscheidung zwischen den Ebenen und die zwischen Facetten zeigt die Abbildung der "Persönlichkeit als Produkt der drei Emergenzen des Menschen".

Persönlichkeit als Produkt der 3 Emergenzen Triade

Beziehung meint die möglichen Relationen zwischen den Facetten und den Ebenen und die Relationen innerhalb der Faktoren, also zwischen den Facetten untereinander und den drei Ebenen untereinander.

Beispiele für das Zusammenwirken der drei Facetten und der drei Ebenen


In welcher Beziehung stehen im ersten Fall die Profession, die der Entdecker gelernt oder wissenschaftliche Disziplin, die er erlernt hat, zur Funktion, die er momentan in einer Organisation innehat? Viele Entdecker suchen nach Lösungen in anderen Disziplinen, haben aber eine Position und Aufgabe, die die Arbeit in der eigenen Disziplin erfordert. Ein anderes Beispiel für eine Relation: Idealerweise findet ein Entdecker eine Position und Aufgabe, in der er sein persönliches Karriereziel erreichen kann und sich vom individuellen Sinn seiner Entdeckung leiten lassen kann.
Im zweiten Fall, der Beziehung zwischen Ebenen und Facetten kann es z.B. darum gehen, dass die Werte der Person der Entdeckung das Ziel geben für die Gattung Mensch Hilfreiches zu leisten. Das ist bei sehr vielen Entdeckern der Fall, die hoffen mit ihrer Entdeckung etwas für den Frieden der Menschheit zu tun oder wie Humboldt etwas gegen den Hunger auf der Welt.

Gliederung des Menüpunkts
Die ersten beiden Unterpunkte "Typen von Entdeckern" und "Was wollen Sie entdecken?" bieten Typologien an, mit deren Hilfe man Typen von Entdeckern und Typen von zu entdeckenden Objekten unterscheiden kann.
Der dritte Punkt "Triebkräfte" führt die hier vorstellt Triade der individuellen, sozialen und kulturellen Triebkräfte weiter aus.

tar_04, id113, letzte Änderung: 2024-07-03 10:30:05
Typen von Entdeckern - Zwei Typologien

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Typologiebildung - nach dem individuellen Sinn des Entdeckens für den Entdecker, nach den Programmen und Räumen des Entdeckens und drittens nach der Art des zu Entdeckenden und Entdeckten. Die beiden Typologien von Entdeckern werden in diesem Unterpunkt behandelt, die Typologie des zu entdeckenden und Entdecktem im Unterpunkt "Was wollen Sie entdecken? Eine Typologie"

Der individuelle Sinn des Entdeckens

Für die Typenbildung nach dem Sinn des Entdeckens ist die von uns erfundene Triade des Entdeckens mit den drei Dimensionen Produktorientierung, Prozessorientierung und Selbstoptimierung und Selbstverwirklichung die Basis, sie unterscheidet drei Typen von Sinn. Wir werden noch sehen, dass dieser individuelle Sinn vom dem, den die Gesellschaft, Auftraggeber oder Institutionen einer Entdeckung zuschreiben, abweichen kann. Für den Entdecker ist der individuelle Sinn maßgeblich, wenn er seinen Erfolg und oder sein Scheitern beurteilt.
Die drei Dimensionen werden in größerem oder geringerem Ausmaß bei jedem Entdecker vorhanden sein, welche Dimension prämiert wird, hängt sowohl von der Phase des Entdeckungsprozesses als auch vom Ziel der individuellen Entdeckungspraxis ab.

Erster Typus: Prämierung der Prozeßorientierung
Wenn das Entdecken nicht endet! Das Ziel muss im Entdecken liegen und nicht in den Produkten, die dabei entstehen können. Im Unterschied zur Produktion von Dingen geht es den Entdeckern um den Prozess des Entdeckens, d.h. radikale Prozessorientierung.
Entdecker akzeptieren Unendlichkeit und die Totalität des Wandels, sie prämieren den fließenden Prozess und nicht die Produkte, denn die Produkte unterbrechen den fließenden Prozess und stellen ihn still.

Ein Beispiel dafür ist Vincent van Gogh, der seine Bilder übermalte oder verschenkte und sich nicht für den Verkauf interessierte, mit den bekannten dramatischen Folgen für ihn. Ihn interessierte es eine neue Maltechnik auszuprobieren, die Welt mithilfe der Malerei anders darzustellen. Er arbeitete beständig an seinem Stil und führte neue Sujets ein, Picasso sagte über ihn, niemand zuvor wäre auf die Idee gekommen Kartoffeln zu malen.
Humboldts Büste in Havanna
Gedenkstein vor dem Haus, in dem er in Havanna lebte

Alexander von Humboldt: „die Werke sind nur gut, soweit sie bessere entstehen lassen.“ (2009, S. 115).

Der Nobelpreisträger Stefan Hell ist für die Entwicklung eines neuartigen Lichtmikroskops und der ihr zugrunde liegenden neuen physikalischen Ideen geehrt worden. Er betont, dass es ihm nicht um die Erfindung des Lichtmikroskops gegangen ist, sondern um neues Wissen, darum, das alte Gesetz der Beugungsgrenze zu knacken. Er sagt: "Ein Entwickler bin ich nie gewesen. Ich war fasziniert von der Idee, einer alten physikalischen Frage auf den Grund zu gehen, von der man dachte, man kenne die endgültige Antwort."(S.3). Er wollte Grundlagenforschung betreiben, den Dingen auf den Grund gehen, den Knackpunkt finden und alte Dogmen der Physik hinterfragen, in diesem Fall das Gesetz der Beugungsgrenze. Sein Kollege sagt über ihn: "Wenn‘s um Auflösung geht, ist der nie zufrieden. Eigentlich endet jede Diskussion damit: es muss jetzt noch besser werden!". (S. 12).

Nicola Tesla, ein Kroate, der Ende des 19. Jahrhunderts Naturwissenschaften und Maschinenbau studierte, verfolgte sein Leben lang die Idee, "in einem »Weltsystem« Energie" in unerhörten Mengen und nahezu verlustfrei an jeden nur denkbaren Punkt der Erde zu übertragen“ (Bührke 2012, S. 59), dazu zählte die beständige Beschäftigung mit immer neuen Geräten und Übertragungswegen. Er scheiterte, gemessen an diesem Ziel letztlich, heraus kamen andere Erfindungen wie das Radio, zu dessen Erfinder ein amerikanischer Gerichtshof Tesla erst nach seinem Tod erklärte (ebenda, S. 75)

Der zweite Typus: Prämierung der Produktorientierung
Der Entdecker ist erfolgreich, wenn er ein Produkt geschaffen hat, das kann neues Wissen, eine neue Praxis oder ein materieller Gegenstand sein.

Beispiele für materielle Gegenstände: Lilienthal und sein Fluggerät, Zeppelin und sein Luftschiff, Emil Berliner und die Schallplatte, Benz und sein Auto, Diesel und sein Motor, Konrad Zuse und der erste Computer, Schliemann und der Schatz des Priamos und die Mauern von Troja

Beispiel für neues Wissen: Humboldts naturwissenschaftliches Werk "Kosmos", in dem er die Ergebnisse seiner langjährigen und rastlosen Forschung niederlegte. Marie und Pierre Curie‘s Entdeckung der Radioaktivität, Max Webers Forschung und Schriften, die die Soziologie begründeten, Sigmund Freuds Forschung und seiner psychotherapeutische Praxis, die zur Entdeckung des Unbewussten, des psychischen Apparats, der Lehre von der Ätiologie der Neurosen und vielem anderen führte.

Beispiel für neue Praxis: Picassos Kubismus als neuer Malstil, Semmelweis Entdeckung der Ursachen des Kindbettfiebers, an der Tausende von Frauen und auch Kinder nach der Geburt starben, einer Infektion mit Mikroben durch die Ärzte, die zuvor Leichen seziert hatten und die Einführung einer antiseptischen Prophylaxe, der Handdesinfektion.

Ein Beispiel für die Kopplung von neuem Wissen und neuer Praxis: Rolf Th. Stiefels Idee, Führungskräfteentwicklung auf der Basis der Erwachsenenbildung, der Andragogik, aufzubauen. Sie sollte die Qualifizierung von Führungskräften und Managern, die damals rein betriebswirtschaftlich und auf Wissensvermittlung ausgerichtet war, ersetzen. Dazu betrieb er Forschung, sammelte eigene Erfahrungen in der Praxis, entwickelte daraus Konzepte, publizierte und lehrte sie, und beeinflusste die Praxis und Theorie der Führungskräfteentwicklung maßgeblich.

Der dritte Typus: Prämierung der Selbstverwirklichung

Diese Prämierung findet sich bei Menschen, die sich erfahren und erleben und auch optimieren, verbessern wollen in der Interaktion, der Auseinandersetzung mit der Natur: Bergsteiger, Big Wave Surfer oder Erforscher der Pole, der Wildnis, des Urwalds, der weißen Flecken auf der Landkarte.

Ein Zitat von Reinhold Messner zu seiner Alleinbesteigung des Mount Everest ohne Sauerstoff:“ jeder Mensch ist nun einmal von dem Streben beseelt, die Fähigkeiten, die er in sich fühlt, auszubilden und bis zum Äußersten anzuspannen (…) So hat jeder seinen inneren Drang, der zutage will. Dazu kommt dass er sich insgeheim ein sehr hohes Maß gesetzt hat – das höchste –, an das er mit seinem inneren Streben heran zu reichen niemals ist er mit sich und der Welt zufrieden wenn er sich nicht zur vollen Höhe retten darf, die ihm als Ziel seines Könnens erscheint“ 1982
„Bergsteigen ist mein Leben – nicht ausschließlich natürlich, aber ohne würde ich nicht mehr auskommen. Nicht, weil ich’s als etwas Herausragendes oder Besonderes empfinde, losgelöst von meinem übrigen Leben. Aber es gibt mir ein naives, intensives Wissen über mich selbst, und da möchte ich noch weiter vorstoßen.“ (Der Gläserne Horizont 1982, S.93)

George H. L. Mallory, Teilnehmer der britischen Versuche der Erstbesteigung des Mount Everest 1921, 1922, 1924
„Der innerste Zweck unseres Tuns ist vermehrtes Wissen um unsere Fähigkeiten. Wenn wir uns mit festem Willen an die schwere Aufgabe machen, dann erfahren wir das Höchstmaß unserer Leistungsfähigkeit. Noch vermag niemand zu sagen, ob das Ziel erreichbar ist oder nicht.“ (dito S.37)
„Haben wir einen Feind besiegt? Niemand außer uns selbst. Haben wir Erfolg geerntet? Das Wort bedeutet hier nichts. Haben wir ein Königreich erobert? Nein… und ja“ (S.49)
“ Ein neues Feld der Freude tut sich auf, neue Lustmöglichkeiten winken. Freude am Leben ist ausschließlich der Sinn unseres Daseins. Wir leben nicht, um zu essen und Geld zu verdienen. Viele von uns wissen aus Erfahrung, dass eine Bergbesteigung zu den herrlichsten Quellen der Lust gehört. Wie schön ist es doch, mit dem Berg zu ringen, unsere Kraft gegen die natürlichen Hindernisse zu setzen und zu empfinden, wie unser Geist den toten Stoff meistert.“ (S.38)

Steigerungsmöglichkeiten: Bergsteigen als Solo – Freeclimbing ohne Ausrüstung, nur mit der physischen und mentalen Kraft des eigenen Körpers.

work in progress
Die zweite Typologie - Räume des Entdeckens

Die Prämierung des Wahrnehmungsraums, oder des Vorstellungs- und Denkraums oder des Handlungsraums, in dem die Entdeckungspraxis vorwiegend stattfindet

tar_04, id114, letzte Änderung: 2024-07-02 10:21:15
Was wollen Sie entdecken? Eine Typologie auf der Basis der zu entdeckenden Objekte

Was sind die Objekte oder Produkte des Entdeckens? Was fasziniert und interessiert Entdecker?
Man kann zwischen materiellen Gegenständen, neuem Wissen und neuer Praxis unterscheiden.
Es ist wahrscheinlich, dass jede Entdeckung Anteile aller drei Faktoren aufweist, der Entdecker selbst prämiert in der Regel einen Faktor. Wird die Entdeckung bekannt, können sich gesellschaftlich oder in einer Professional Community oder Disziplin andere Prämierungen durchsetzen.

Diese Abbildung zeigt die Triade Produkt des Entdeckens und eine Illustration dessen, was unter den drei Faktoren zu verstehen ist, in Form von Clustern, die die Merkmale des Faktors aufzählen. Die Cluster zeigen den derzeitigen Stand , sie können um weitere Merkmale erweitert werden, dazu sind die leeren Spitzen da.

Cluster Produkt des Entdeckens

Man kann also Typen von Entdeckern auch danach unterscheiden, ob es ihnen um die Entdeckung Neuer Dinge, Neuer Praxis oder Neuen Wissens geht.

Erfinder und Tüftler prämieren aus dem Cluster der Neuen Dinge meist Technische Apparate, Werkzeuge, Neue Formen der Energie und ihrer Nutzung, die Nutzung neu gefundener Qualitäten von Dingen für die Herstellung neuer materieller Gegenstände und anderes, was hier nicht aufgezählt wurde.
Wissenschaftler prämieren die Generierung neuen Wissens, vor allem in der Grundlagenforschung.
Neue Formen der Praxis werden in der professionellen Praxis von den Praktikern und auch von den angewandten Wissenschaften entdeckt und beschrieben.

Vielleicht noch zum Begriff der Dinge im NTD®: Dinge sind nach Auffassung des Neuen Triadischen Denkens® ein Element und Parameter der Welt, genauer des Kosmos, neben den Räumen und Zeiten.
Link zur Bedeutung des Begriffs Dinge:
→ Dinge

Prämierungen eines Faktors schließen ein, dass auch anderes entdeckt wird, was einem anderen Faktor zuzurechnen ist. So kann Neues Wissen während des Entdeckungsprozesses zur Entwicklung von neuen Technischen Apparaten z.B. führen, weil man die gefundene Gesetze nachweisen und nutzen möchte. Beispiel dafür die die Entdeckungspraxis von Stefan Hell, der sowohl ein physikalisches Gesetz als auch eine neue Art von Mikroskop entwickelt hat. Neue Dinge können neues Wissen generieren, z.B. wenn man ihre Funktionsweise verstehen will. Neues Wissen kann eine neue Praxis schaffen, indem man es auf Programme und Techniken der Praxis anwendet und sie so transformiert. Das Triadische Denken geht davon aus, dass sich die Faktoren einer Triade immer gegenseitig beeinflussen und dass immer alle drei, wenn auch latent vorhanden sind, während einer bevorzugt wird und im Fokus steht.

Eine Differenzierung der Produkte des Entdeckens gerade im naturwissenschaftlichen Bereich bietet sich im Cluster Dinge durch die Qualitäten der Dinge. Hier geht es nicht um die Entdeckung neuer Dinge, sondern darum Qualitäten der bekannten zu untersuchen: Energie, Information und Materie der Dinge.

Dimensionen der Dinge

Dimensionen der Dinge des Kosmos - © Michael Giesecke
Energie: Bewegungsenergie, kinetische thermische und elektrische Energie.Ein Beispiel für Bewegungsenergie sind Entdeckungen ferner Länder, also Reisen, auf die sich die Entdecker begeben.
Information: Damit ist gemeint, dass neues innovatives und revolutionäres Wissen und ebenso neue Modelle und neue Gesetze entdeckt werden.
Materie: Damit sind materielle Gegenstände gemeint, wie sie unter Typus Produktorientierung der Typologie der Entdecker beschrieben worden sind. Das Cluster 'Neue Dinge' in der Abbildung 'Produkt des Entdeckens' enhält auch Beispiele für diese Art von Dingen.

tar_04, id115, letzte Änderung: 2023-06-28 10:59:14
Triebkräfte

In den Briefen und Schriften Humboldts finden sich Aussagen, die die Kraft und Macht der Triebkräfte im Individuum sehr gut beschreiben. Dies sind Zitate aus dem Buch: Alexander von Humboldt – Es ist ein Treiben in mir – Entdeckungen und Einsichten, herausgegeben von Frank Holl. DTV München 2009

"Es ist ein Treiben in mir, dass ich oft denke, ich verliere mein bisschen Verstand. Und doch ist dies Treiben notwendig, um rastlos nach guten Zwecken hinzuwirken." 1790 (S.9)


"Ich weiß wohl, dass ich meinem großen Werke über die Natur nicht gewachsen bin, aber dieses ewige Treiben in mir (als wären es 10.000 Säue) wird nur durch die stete Richtung nach etwas Großem und Bleibendem erhalten." 1799 (S.16) Gemeint ist sein mehrbändiges Werk "Kosmos".

"Was mir vielleicht am meisten schadet, ist ein Geist der Unruhe, ein Streben nach Tätigkeit, das mich plagt. Aus dieser inneren Unruhe erkläre ich es mir, warum große körperliche Anstrengung mich so schnell auf aufheitert. Es ist dann eine Art von Gleichgewicht im physischen und moralischen Menschen." 1791 (S.11)

"Ich habe immer große Neugier auf das, was ich am wenigsten verstehe. (…) Je urälter man wird, desto mehr vergeudet man seine Zeit mit solcher Neugier." 1857 (S.109)

Diese Triebkräfte treten in den Dienst des Sinns, den der Entdecker mit der Entdeckung verfolgt. Aus dem Sinn leitet er das Ziel und der Zweck der Entdeckung ab. Triebkräfte liefern die Energie, die es braucht, um die Entdeckung machen zu können.
Individueller Sinn

"Was mir den Hauptantrieb gewährte, war das Bestreben, die Erscheinungen der körperlichen Dinge in ihrem allgemeinen Zusammenhang, die Natur als ein durch innere Kräfte bewegtes und belebtes Ganzes aufzufassen. 1845 (S.83)
"Mein eigentlicher, einziger Zweck ist, das Zusammen- und Ineinander-Weben aller Naturkräfte zu untersuchen, den Einfluss der toten Natur auf die belebte Tier-und Pflanzenschöpfung neue." 1799 (S.59)

"Sachen können ohne Personen und die sie leitenden Triebfedern nicht gedacht werden."1825 (S.112)

Die drei Typen von Triebkräften der Persönlichkeit

Triebkräfte sind ein Faktor der Persönlichkeitstriade, die im Menüpunkt Persönlichkeit von Entdeckern vorgestellt wurde. Sie sind die energetische Dimension der Entdeckerpersönlichkeit neben der dynamischen, also dem Lebensweg und der strukturellen, der Komposition.
Die differentielle Triadentrias der Persönlichkeit: Lebensweg, Triebkräfte und Komposition
Die Persönlichkeit von Entdeckern
unterscheidet diese drei Typen von Triebkräften, die auf der ersten Seite näher erläutert werden:

Die im Individuum liegenden Triebkräfte wie Talente, Veranlagung und subjektiver Wille treffen auf soziale und kulturelle Triebkräfte, die die Möglichkeiten der Entdecker befördern oder behindern können.

Soziale Triebkräfte können historische Chancen sein, die aus der Gesellschaft erwachsen, in der der Entdecker lebt, z.B. der Wunsch nach Möglichkeiten zur elektrischen Übertagung von Sprache über weite Distanzen, oder aber vorhandenes Wissen, auf dem Entdecker aufbauen können, um den nächsten Schritt zur Erforschung eines Phänomens tun zu können. Und es sind Kräfte, die aus dem näheren Umfeld des Entdeckers, der Familie, der Organisation oder Profession, in der er arbeitet, kommen.

Kulturelle Triebkräfte entstehen aus dem von den Menschen als Gattung geschaffenen Kosmos, z.B. aus vorhandenen materielle Ressourcen, aus Wissen aus bekannter und bearbeiteter Natur, aus Artefakten, die es ermöglichen eine Entdeckung zu machen. Auslöser können Techniken und technische Geräte sein, deren Entwicklung in der Pionierphase steckt und weiterer Erfindungen und Entdeckungen bedarf. So waren die an mehreren Orten der Welt und von mehreren Entdeckern geschaffenen Vorformen unserer heutigen Computer Anlass für weitere Erfindungen, die die Hardware und Software dieser Geräte immer weiter optimierten.

Beispiele für das Zusammenwirken der drei Triebkräfte
Am Beispiel der Entwicklungen von Computern kann man gut sehen, wie die sozialen Triebkräfte in der Gesellschaft, beispielsweise der Wunsch nach einer intelligenten "Rechenmaschine", die zur Wunschmaschine wurde, nachdem die Prototypen immer mehr zu leisten in der Lage waren, und die kulturellen Triebkräfte, nämlich das Vorhandensein von Prototypen wie dem K1 von Konrad Zuse und materieller Ressourcen für den Bau wie seltene Erden sich wechselseitig beförderten. Die individuellen Triebkräfte der jungen Entdecker und Erfinder, die in Garagen ihre Arbeit begannen, trafen auf beste Bedingungen, die kulturellen, die sozialen Triebkräfte und die der jungen radikal denkenden und von Visionen geleiteten Entdecker und Erfindern beförderten sich wechselseitig.

In manchen der Fallanalysen wird man sehen, dass individuelle Triebkräfte vorhanden waren, es aber entweder an kulturellen Triebkräften wie materiellen Ressourcen, die vorhanden sein mussten, damit eine solche Entdeckung darauf aufbauen kann, gefehlt hat, oder aber an Wissen, das in der Gesellschaft noch nicht vorhanden war, was zum unglücklichen Verlauf vieler Entdeckerkarrieren beigetragen hat. Es fehlte oft an Voraussetzungen, z.B. an Entdeckungen, die Jahre danach gemacht wurden und das notwendige Wissen lieferten, oder an technischen Geräten, die noch nicht erfunden waren, mit deren Hilfe man entdeckten Gesetzmäßigkeiten von Naturphänomenen hätte nachweisen können.

Die Triebkräfte der Person

Die Triade der Triebkräfte der Person, man könnte auch sagen des Individuums, unterscheidet zwischen subjektiven, biogenetischen und soziokulturellen Triebkräften. In der Triade der Triebkräfte der Persönlichkeit unterscheiden wir zwischen individuellen, die hier in subjektive und biogenetische Triebkräfte ausdifferenziert werden, sozialen und kulturellen Triebkräften. Für die Person sind soziale Beziehungen und soziokulturelle Faktoren relevant. Bei den kulturellen Triebkräften in der Persönlichkeitstriade geht es um den Menschen als Gattungswesen und seine Einbindung in die Kultur, das unterscheidet die beiden Triaden. Sie werden beide gebraucht, aber für unterschiedliche Zwecke.
Die Triade und die Merkmale der drei Dimensionen werden in Form von Clustern dargestellt.

Triebkräfte Person Cluster TT

Welche Rolle biogenetische Faktoren spielen, die zu Triebkräften werden, kann man an der Entdeckerkarriere von Nikola Tesla sehen. Sie liefert ein Beispiel für das Zusammenwirken von Talenten, Krankheit, körperlicher Konstitution und einer bestimmten Form der Intelligenz. Er kämpft in seiner Karriere immer wieder darum, mithilfe seines starken Willens (subjektive Triebkraft) diese biogenetischen Triebkräfte für seinen Entdeckungen nutzbar zu machen und sie in den Dienst des Entdeckens stellen zu können. Er kam auf 600 Patente!

“ In meiner Kindheit litt ich an eigenartigen Beschwerden, bei denen mir oft von Lichtblitzen begleitete Bilder erschienen, die meine Sicht auf reale Dinge behinderten und mein Denken und Handeln beeinträchtigten. Es waren Bilder von Dingen und Vorgängen, die ich wirklich gesehen hatte und niemals von solchen, die ich mir nur eingebildet hatte. Wenn man mir ein Wort sagte, erschien das Bild dieser Sache lebendig vor meinen Augen und manchmal war ich nicht in der Lage zu unterscheiden, ob man das, was ich sah, anfassen konnte oder nicht. Dies erzeugte in mir großes Unwohlsein und Angst.“ (13)
"Ich entdeckte bald, dass es mir am besten ging, wenn ich einfach mit meiner Vision weiter und weiter ausholte, und so begann ich zu reisen, mit ständig neuen Eindrücken, natürlich nur in meiner Fantasie."(S.13)
"Das habe ich ständig wiederholt bis ich 17 Jahre alt war und mein Denken sich ernsthaft den Erfindungen zuwandte. Dabei bemerkte ich, dass ich mit größter Leichtigkeit mit meinem geistigen Auge sehen konnte. Ich brauchte keine Modelle, Zeichnungen, oder Versuche. Ich konnte sie als wirkliche Dimension in meiner Vorstellung sehen. So habe ich mit der Zeit unbewusst etwas entwickelt, was ich als neue Methode der Materialisierung von Konzepten und Ideen betrachtet." (S. 15)
„Diese Lichtphänomene hatte ich immer wieder, wenn zum Beispiel eine neue Idee meinen Kopf auftauchte, aber sie war nicht mehr verstörend und von relativ geringer Intensität."(S. 19)
Meine Erfindungen - Autobiographie. Verlag König, Graz 2018

Dass Talente, wie sie sich bei Tesla aus einer Hypersensibilität oder einer Fehlfunktion seines Gehirns, wie er selbst es vermutete, entwickelt haben, relevant für Karrieren sind, ist naheliegend. Talente treiben, bringen den Menschen dazu sie anzuwenden und Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Ohne eine fördernde Umwelt können Sie jedoch verkümmern.


Aus meiner Praxis der Karriereberatung weiß ich, dass den meisten Menschen ihre Talente nicht bewusst sind. Kein Training und keine Schulung kann Kompetenzen oder Fertigkeit vermitteln, die wir mit der gleichen Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit anwenden können, wie wir unsere Talente gebrauchen können. Den meisten Menschen sind Ihre Talente nicht bewusst, sie erscheinen ihnen als selbstverständlich und als nichts Besonderes. Das liegt daran, dass die Talente einfach vorhanden sind und zur Persönlichkeit gehören. Deshalb ist die Erhebung der Talente unverzichtbar für eine guten Karriereberatung.

Selbst Tesla zweifelte, nachdem er schon mehrere Erfindungen gemacht hatte: „Bis zu dieser Zeit habe ich nie gedacht, dass ich ein besonderes Talent für Entdeckungen hätte, doch Lord Rayleigh, den ich immer als idealen Wissenschaftler betrachtet hatte, behauptete es. Wenn er Recht haben sollte, so sagte mir mein Gefühl, sollte ich mich auf eine große Sache konzentrieren.“ (Tesla 2019, S.76)

Mehr dazu auf meiner Website Talente
und in meinem Buch über Triadische Karriereberatung 2088, S.301-303

Mehr zu Tesla können Sie in der Fallstudie im letzten Menüpunkt lesen.
Nikola Tesla - Entdecker, Erfinder und Visionär

Künstlerisches Talent zeigt sich früh, das ist nicht nur bei Picasso so. Meine Analyse von Künstlerkarrieren hat gezeigt, dass etwa im Alter von 6 bis 7 Jahren diese Begabung erkennbar ist, auch wenn sie nicht so herausragend ist, wie dies bei Picasso der Fall ist

„Durch seinen Vater erlernte Pablo schon als Kind die handwerklichen Fähigkeiten der Malerei: Er 'war ein Frühentwickler und die Freunde des Vaters erkannten schnell die außergewöhnliche Begabung des Knaben, der nach einiger Zeit die Technik des Aquarells und der Ölmalerei beherrschte.' “ (S.10)
„Etwas Merkwürdiges ist, daß ich nie Kinderzeichnungen gemacht habe, niemals, auch nicht, als ich noch ganz klein war.“(S.13)
Pablo Picasso mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten dargestellt von Wilfried Wiegand Rowohlts Monographien 1973 Hamburg

Auch der Entdeckerdrang von Reinhold Messner zeigte sich früh, er kletterte das erste Mal mit fünf Jahren. In dem folgenden Zitat kann man sehr schön das Zusammenwirken von biogenetischen Faktoren wie Temperament, körperlicher Konstitution und Talent zum Klettern im Zusammenspiel mit subjektivem Triebkräften, wie seinem Willen zu klettern und den soziokulturellen Triebkräften, sich nicht von den Werten der Dorfgesellschaft, in der hineingeboren war, bestimmen zu lassen, sehen.

“ Ja, ich war immer schon ein revolutionärer Mensch. Ich habe stets Probleme damit gehabt, mir von anderen Vorschriften machen zu lassen. Auch vom Vater. Ich war der erste, der sich gegen den Vater aufgelehnt hat. (…)
Dann meine Kletterleidenschaft. Das hat ja mit fünf Jahren angefangen, da bin ich erstmals auf den Saß Rigais gestiegen. Zuerst hat mich mein Vater unterstützt. Bald hat er gebremst und angefangen, meine Ausflüge wieder zu kappen. Wohl weil ihm klar geworden ist, dass ich mit großer Begeisterung kletterte. Und nichts durfte zur Leidenschaft ausarten. Es dürfte alles gemacht werden, aber nur so, wie es die braven Leute machen.“ (S. 19)
"Trotzdem, bei dieser Tour wurde meine Kletterleidenschaft geweckt. Vermutlich. Ich war nicht nur geschickt und ausdauernd, ich war dabei, mir meine Welt zu erschaffen.“ (S. 26)
Reinhold Messner – mein Leben am Limit – eine Autobiografie in Gesprächen mit Thomas Hüetlin, Piper Verlag 15. Aufl. 2020
Reinhold Messner - Wie die Dohlen so sicher und frei

Zu den Soziokulturellen Triebkräften

Die Familie, die Schichtzugehörigkeit, die Berufe und Karrieren der Eltern spielen gerade in der Zeit der frühen Kindheit, wenn sich Talente zeigen, Wünsche entstehen und sich Visionen entwickeln, eine große Rolle, wie wir eben auch bei Reinhold Messner lesen konnten. Die offen ausgesprochenen und noch wichtiger die unausgesprochenen familiären Aufträge, die man erst erkennt, wenn man die Mehrgenerationenperspektive einnimmt, treiben Karrieren.

Meine Forschungen zur Bedeutung der letzten drei oder vier Generationen für das Verstehen von Karrieren ergaben, dass unterbrochene Karrieren, nicht erfüllte Berufswünsche, Scheitern oder ein Leben im Falschen der nächsten Generation zum Vermächtnis werden. Oft genug heilt die folgende Generation den Schaden nicht, sondern erst die übernächste, die Enkel oder gar die Urenkel. Es wäre eine schöne Forschungsaufgabe, die Karrieren der Entdecker unter dieser Fragestellung weiter zu untersuchen, dazu bedarf es allerdings eine genügend große Anzahl von Daten für die Genogrammarbeit. Mehr dazu


auf meiner anderen Website unter Wertetriaden:
Werte und Karrieren werden durch die Familienbiographie beeinflusst

und in meinem Buch: Triadische Karriereberatung Begleitung von Professionals, Führungskräften und Selbständigen, EHP Verlag Köln 2008 Im Abschnitt Genogramm-Arbeit S.287-291

Das Land, in dem sie leben, die Zeit und die historischen Umstände bieten Chancen oder behindern Entdeckerkarrieren. Historische Umstände günstiger Natur für Erfinder wie die Gründerzeit oder die Auswanderungsmöglichkeiten nach Amerika können die aus den individuellen Triebkräften entstandenen Vorhaben befördern und begünstigen. Ungünstige historische Umstände wie Kriege und Vertreibung die individuellen Triebkräfte behindern. Das gilt auch für Fügungen des Schicksals und für Zufälle.

Humboldt wie auch Tesla und Messner haben gegen die Wünsche des Vaters oder der Eltern nach einer bestimmten Berufswahl und Karriere gehandelt. Tesla sollte Priester werden wie sein Vater, Humboldt sollte Wirtschafts- und Verwaltungskunde studieren und Messner studierte Bauingenieur, hatte selbst keinen Berufswunsch, keine Karriereplanung wie er sagt, und lernte zum Bedauern seines Vaters nie einen 'ordentlichen' Beruf. Picasso wurde Maler wie sein Vater auch, aber er lehnte es ab, eine klassische Künstlerkarriere zu machen und verließ die Königliche Akademie, ohne dort jemals ein Tag studiert zu haben, was den Vater völlig entsetzte.

Interessanterweise hatten bis auf Humboldt diese Männer Mütter, von denen sie Unterstützung für ihren Weg bekamen. Picassos Mutter stammte aus einer Malerfamilie (er ersetzte den Namen des Vaters "Ruiz" durch den seiner Mutter), Teslas Mutter kam aus einer Familie mit zahlreichen Entdeckern und Messners Mutter, eine einfache, sensible und einfühlsame Frau, verstand ihn und ließ ihn ziehen.

Humboldts Vater war früh gestorben und seine Mutter war besorgt darum, Wilhelm und ihm eine umfassende und standesgemäße Erziehung und Bildung zukommen zu lassen. Es trieb ihn raus aus dem Schloss, er muss sich wie im falschen Leben gefühlt haben:
„… Schloss Langweil…“ Über das elterliche Schloss Tegel 1788 (S.10)
„Hier in Tegel habe ich den größeren Teil dieses traurigen Lebens zugebracht, unter Leuten die mich liebten, mir wohlwollten und mit denen ich mir doch in keiner Empfindung begegnete, in tausendfältigen Zwange, in entbehrender Einsamkeit , in Verhältnissen, wo ich zu steter Verstellung, Aufopferungen etc. gezwungen wurde.“ (S.12) Man hielt ihn sogar für unbegabt.
„Meine Neigung ist es nicht (an der Handelsakademie in Hamburg zu studieren, KRG), aber meine unglücklichen Verhältnisse (die Menschen von anderen Neigungen sehr glücklich und beneidenswert scheinen) zwingen mich immer wieder zu wollen, was ich nicht kann und zu tun, was ich nicht mag." 1790 (S. 10)

Die Triebkräfte eines Menschen, der sich und sein Leben dem Entdecken verschreibt, stammen nicht nur aus einer Quelle, wie wir bei Reinhold Messner gesehen haben. Biogenetische, soziokulturelle und subjektive Kräfte wirken aufeinander ein, sie arbeiten, wie es unsere Interaktionstriade heißt, miteinander, gegeneinander oder nebeneinander her.

Prämierungen einer Dimension, die auf Kosten einer anderen gehen, sind erwartbar und können im Laufe der Biographie und Karriere immer wieder wechseln. Zum Beispiel können der Wille, verbunden mit der hohen Arbeitsethik (subjektive Triebkräfte), so stark sein, dass auf die körperliche Konstitution keine Rücksicht genommen wird (biogenetisches Triebkräfte), wie es bei Nicola Tesla immer wieder der Fall war und bei Marie Curie ein durchgängiges Merkmal ihrer Karriere bildete.

Im günstigen Fall entsteht eine Melange, in die Merkmale aller drei Typen eingehen und eine einmalige Entdeckerpersönlichkeit prägen. Wie das aussehen kann, kann man in den Fallanalysen der Entdeckerkarrieren im letzten Menüpunkt nachlesen.
Karrieren von Entdeckern - Fallstudien

tar_04, id116, letzte Änderung: 2024-07-03 10:58:58

© 2023 Prof. Dr. phil. habil. Kornelia Rappe-Giesecke